Manche Bondinvestoren und Spekulanten bekommen gerade am eigenen Leib zu spüren, dass es vielleicht doch nicht allzu weise gewesen sein könnte, sich Hals über Kopf in Emissionen von hoch riskanten Energie- und Frackingunternehmen zu stürzen. Wie neue Berechnungen der UBS AG zeigen, türmen sich die Verluste unter Investoren, die sich in das Abenteuer der Käufe von Anleihen seitens Energiefirmen an den Junkbondmärkten gestürzt haben, mehr als stattlich. Eine große Ausfallwelle wird derweil immer wahrscheinlicher.

Um die Dinge beim Namen zu benennen, befinden sich deren finanzielle Verluste auf dem höchsten Niveau innerhalb der letzten sechs Jahre. Und die Schmerzen könnten sich noch deutlich vergrößern, falls die Rohölpreise sich nicht schnell erholen sollten. Analysten sind der Ansicht, dass sich die Anzahl der Zahlungsausfälle unter Energiefirmen, die sich in den vergangenen Jahren vor allem über die Junkbondmärkte verschuldeten, mehr als verdoppeln wird.

Die aktuellen Bondkurse indizieren eine Zunahme der Zahlungsausfälle auf etwa 6% unter allen in diesem Bereich ausstehenden Bonds. Bei der UBS AG betrachtet man die Dinge dagegen mit einem noch größeren Schuss Pessimismus. Denn falls Rohöl der Sorte West Texas Intermediate bis auf $50 pro Fass sinken sollte, um auf diesem Niveau über einen längeren Zeitraum zu verharren, dürften sich die Ausfälle gar auf mehr als 10% belaufen.

Wie in einigen Berichten zuvor ausgeführt, hatten insbesondere Unternehmen aus dem Energiesektor die rekordniedrigen Zinsen in den letzten Jahren dazu genutzt, um sich in einem nie zuvor gesehenen Ausmaß an den Märkten für Hochzinsanleihen zu verschulden. Das aufgenommene Kapital wurde insbesondere eingesetzt, um nach neuen Ölquellen zu suchen und Explorationsaktivitäten voranzubringen.

Resultat ist, dass die mit den schlechtesten Kreditratings versehenen Unternehmen heute einen Schuldenberg vor sich herschieben, der in seiner Gesamtheit das im Jahr 2009 erreichte Hoch längst überschritten hat. Allein in diesem Sektor stehen mehr als $200 Milliarden an Bonds aus, die im Angesicht des drastischen Ölpreisverfalls vor einem Bust stehen. Wie die Kalkulationen der UBS AG zeigen, haben die Bondkurse der durch Ratingagenturen mit Junk eingestuften Unternehmen allein im laufenden Quartal fast 15% an Wert eingebüßt.

Dies entspricht auch gleichzeitig der schlechtesten Performance seit dem Finanzkrisenjahr 2008. Ein Blick auf den Bank of America Merrill Lynch Index zeigt, dass sich in diesem Sektor in nur kurzer Zeit mehr als $40 Milliarden in Luft aufgelöst haben. Ganz plötzlich hat sich die überbordende Gier nach höheren Renditen in Angst und Panik unter Investoren und Spekulanten verkehrt, die im aktuellen Umfeld das Weite suchen.

Wurde noch bis vor Kurzem alles gekauft, was an neuen Ramschanleiheemission aus dem Energiesektor auf den Markt kam, ohne sich in den meisten Fällen über die geschäftliche Lage der jeweiligen Unternehmen bewusst zu sein, so vollzieht sich gerade eine beachtliche Reevaluierung der zugrundeliegenden Risiken. Kein Wunder, dass die Zinsen an den Junkbondmärkten generell am Klettern sind.

Auch darauf hatten wir Sie in den letzten Wochen und Monaten wiederholt hingewiesen. Im gleichen Atemzug hatten wir die Frage aufgeworfen, wann diese Entwicklung letztendlich auch auf andere Marktsegmente überzuspringen droht. Die Emissionen seitens Energiefirmen vereinen immerhin einen Anteil von etwas mehr als 15% an den US-Hochzinsanleihemärkten auf sich. Längst haben sich diese Emissionen im Angesicht der aktuellen Entwicklungen an den Ölmärkten entweder deutlich reduziert oder sind gar komplett zum Erliegen gekommen.

Lagen die Zinsen an den Junkbondmärkten im Juni mit 5,7% nicht sonderlich weit von ihren ausgebildeten Rekordtiefs entfernt, so ließ sich seitdem ein Zinssprung auf aktuell knapp 7,5% beobachten. Dieser Zinssprung drückt sich mit Blick auf einen anderen wichtigen Indikator auf seine ganz eigene Weise aus. So ist die Zinsdifferenz zwischen ausstehenden Anleihen von Energiefirmen und amerikanischen Staatsanleihen jüngst auf 10,61% geklettert.

Ein Überschreiten der 10%-Schwelle wird unter Investoren als Zeichen gewertet, dass eine Welle von Zahlungsausfällen unmittelbar bevorstehen könnte. Zu noch größeren Problemen wird es kommen, wenn etwaige Zahlungsausfälle im Energiesektor auch zu Verwerfungen an den Optionsmärkten führen sollten. Und damit lässt sich durchaus rechnen. Vielleicht ist nun tatsächlich der Punkt erreicht, an dem sich rächen wird, dass das Fremdfinanzierungsniveau unter mit Junk eingestuften Unternehmen neue Rekordwerte erreicht hat.

Im Vergleich mit dem Krisenjahr 2009, in dem dieses Fremdfinanzierungsniveau sein letztes Allzeithoch bei 66% ausbildete, deutet dieser Indikator heute auf sagenhafte 76,4% hin. Alles, was in diesem hoch riskanten Sektor oberhalb der Marke von 60% notiert, wird unter Banken als äußert bedenklich beziehungsweise hoch gefährlich eingeschätzt. Auch in diesem Hinblick darf man den Mitgliedern der Fed und anderer Notenbanken auf die Schulter klopfen, denn sie haben wieder einmal ganze Arbeit geleistet, um diese Blase überhaupt aufzupumpen.

Der Fremdfinanzierungsgrad ist laut Analysten der UBS AG ein in die Zukunft blickender Indikator, der anzeigt, auf welchem Niveau die Fremdfinanzierung ihren Höhepunkt erreicht haben könnte. Kein Wunder, dass die Aktienmärkte bereits seit einiger Zeit einen Einbruch der Unternehmensgewinne antizipieren.

Es sind natürlich vor allem auch die um knapp 50% gesunkenen Ölpreise, welche den Gewinnausblick unter börsengelisteten Energiefirmen verdunkeln. Um sich vor einem eigenen Bust zu bewahren, haben viele Fracking-Firmen in den USA ihre Kapitalinvestitionen schon nahezu auf Null heruntergefahren. Laut den Analysten der UBS AG würden diese Maßnahmen in einer ganzen Reihe von Fällen wohl dennoch nichts dazu beitragen, um eine Welle von Insolvenzen zu verhindern.

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